Der Artikel „Echte Freiheit: Authentizität, Zeit & Cappuccino“ ist der erste von drei Teilen (Teil 2 findest Du hier). Er basiert auf meiner Arbeit am Bonuskapitel „Das 1×1 des Auswanderns“ für das Buch „Bring den Müll raus: Radikal ausmisten in neun Schritten“ von Dr. Z. Während ich an diesem Kapitel schrieb und unter anderem Japan zur Kirschblüte besuchte, kam ich in einen wahren Schreib- und Philosophie-Flow. Am Ende hatte ich rund 165 Seiten, von denen der Großteil nicht in das Bonuskapitel passte. Einige dieser überfließenden Gedanken möchte ich nun mit Dir in dieser dreiteiligen Artikelreihe teilen. Die zentrale Frage lautet: Was ist echte Freiheit?
Diese Frage wird mir oft gestellt, weil viele meinen Lebensstil – ein Leben ohne festen Wohnsitz und weltweites Reisen mit Handgepäck für fast 5 Jahre – als Inbegriff von Freiheit sehen. Freunde, Klienten und Bekannte bewundern die Möglichkeit, hinzureisen, wann und wohin ich will, und halten das für Freiheit pur. Doch echte Freiheit bedeutet mehr, als nur jederzeit überall sein zu können. Wohnsitzlosigkeit oder Reisefreiheit sind nur Facetten davon. In dieser Reihe teile ich tiefere Einsichten und zeige, was echte philosophische Freiheit wirklich ausmacht und wie Du sie erlangen kannst.
Im ersten Teil des Artikels „Echte Freiheit: Authentizität, Zeit & Cappuccino“ geht es um:
- Taten sprechen lauter als Worte – Deine Handlung zeigt, wer Du wirklich bist. #machen
- Freiheit ist immer möglich – Viktor Frankl und Jean-Paul Sartre zeigen wie. #attitude
- Niemand rettet Dich – nur Du kannst Dein Leiden (Leben) beenden, wenn Du es wirklich willst. #steven
- Deine Probleme sind lächerlicher, als Du denkst. #hausgemacht #relativ
- Ängste und Opferperspektive verhindern echte Freiheit und Authentizität – immer. #vermeidung #verdrängung
- Illusionen von Dir und der Welt werden Dein Leben erschüttern – sei darauf vorbereitet. #pollypocketwelt
- Faule Kompromisse machen Dich krank – erkenne und vermeide sie. #kompensation
- The German Angst – wie albern! #habenistbesseralsbrauchen
- Die Mutter aller Ängste & die Widersprüchlichkeiten des Lebens – Fati kümmert sich schon #vertrauen #lasslos
- Krisen und Schicksalsschläge sind Katalysatoren, um echte Freiheit zu finden. #impact
Alle Teile der Artikelreihe „Echte Freiheit: Authentizität, Zeit & Cappuccino“:
- Teil 1: https://amor-fati.world/de/echte-freiheit-authentizitaet-zeit-und-cappuccino-teil-1/
- Teil 2: https://amor-fati.world/de/echte-freiheit-authentizitaet-zeit-und-cappuccino-teil-2/
Teil 1 – Let’s Go!
ES GIBT NICHTS GUTES, AUßER MAN TUT ES …
Verehrte Leserin, verehrter Leser: Meinen herzlichen Glückwunsch und Respekt!
Nur die wenigsten schaffen es, bis zum Ende eines Buches vorzudringen. Dass Du Dich nun auf den letzten Seiten dieses wunderbaren Exemplars befindest, zeigt, dass Du es ernst meinst – mit dem Lesen und mit dem Müllrausbringen. Bis hierher hast Du eine Vielzahl an Möglichkeiten und Beispielen kennengelernt, wie Du Dein derzeitiges Leben in den verschiedenen Bereichen ent-müllen und Dein altes Leben ent-sorgen kannst. Getreu dem Motto: „Ist das noch mein Leben, oder kann das endlich weg?“ Weniger ist mehr und weniger Besitz, weniger Bullshit, weniger Stress und weniger Sorgen führen zwangsläufig zu einem freieren und leichteren Leben. So weit, so simpel.
Dennoch sei Dir gesagt, dass das reine Lesen dieses Buches Dich noch nicht per se freier macht. Dieses Buch, wie jedes gute Buch, soll Dir Impulse geben, Wege aufzeigen, Inspirationen liefern und zum Nachdenken anregen. Es soll Deine tiefen Wünsche kitzeln, Deine Emotionen wecken und Dich bewegen. Ja, es soll Dich sogar zum Handeln bewegen – denn ohne Handlung passiert mal wieder: Nichts!
„Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.“ – Johann Wolfgang von Goethe
Daher erlaube mir die provokative Frage: Mit welchem der in diesem Buch vorgestellten Lebensbereiche hast Du Dir ernsthaft vorgenommen, noch heute zu beginnen? Machen erfordert eine Entscheidung und eine echte Entscheidung erkennt man immer an der aus ihr folgenden Handlung. Aber solange Du tief in Dir denkst und fühlst: „Ja, wäre ja schon ganz schön, das mit der Freiheit, weniger Lebens-Müll und weniger Sorgen, aber wenn es nicht klappt, ist es auch nicht sooo schlimm … “ Na ja, Du weißt ja schon – dann passiert mal wieder … Exakt!
Wirf also endlich Deine kleingeistigen Ausreden und Ausflüchte über Bord, setze Prioritäten, triff eine Entscheidung und fange jetzt an. Mach Dir bewusst, dass die Freiheit und Leichtigkeit, nach der Du Dich so sehnst, Dir niemand schenken wird. Übernimm die damit einhergehende und notwendige Selbstverantwortung, denn niemand wird kommen und Dich aus Deiner derzeitigen Situation befreien oder retten. Das darfst und musst Du sogar allein erledigen. Denn nur dann wird es sich echt anfühlen. Nur dann wirst Du wie der farbenprächtige Phoenix auf dem Cover dieses Buches gereinigt und klar emporsteigen und Deine neu gewonnene Freiheit und Leichtigkeit mit Deinem ganzen Sein ausfüllen und noch wichtiger: auch fühlen können.
„Verbrennen musst du dich wollen in deiner eignen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist!“ – Friedrich Nietzsche
Ich erzähle Dir das alles überhaupt nur zu Beginn dieses Kapitels („Das 1×1 des Auswanderns“), weil dies die einzige Geisteshaltung und Philosophie gegenüber Freiheit ist, die es Dir ermöglichen wird, das in diesem Kapitel Folgende in Dein Leben zu implementieren. Will sagen: Du musst tief in Dir wirklich frei sein wollen, Freiheit lieben, fühlen, schmecken, riechen und bereit sein, dafür endlich den Müll rauszubringen und die damit verbundenen illusionären Ängste zu überwinden. Nur so kann es mit der „echten Freiheit“ und dem Auswandern / Weltbürgertum gelingen.
ES GIBT KEIN RICHTIGES LEBEN IM FALSCHEN…
Freiheit ist ohne jede Frage mächtig, individuell und essenziell, wenn es darum geht, ein Leben zu führen, das wirklich Deins ist. Bereits die griechischen Philosophen wussten schon, dass nur ein gutes Leben gelingen kann, wenn es im Einklang mit der eigenen Natur gelebt wird. Merken wir uns daher ein für alle Mal: Ein ungelebtes und unauthentisches Leben machen unglücklich und es gibt kein richtiges Leben im Falschen!
Daher muss jeder verkappte Versuch, ein Leben zu leben, welches nicht Deiner wahren Natur/Wesen entspringt und entspricht, scheitern, sich unerfüllt anfühlen oder Dich gar krank machen. Gnothi Seauton – Erkenne Dich selbst, so nannten es die griechischen Philosophen und schrieben es in fetten Lettern über dem Tempel von Delphi. Ich nenne es heutzutage (leider) oft: Die Quadratur des Kreises! Und diese ist noch niemandem gelungen und wird es auch nie – auch nicht Dir, liebe Leserin, lieber Leser. Egal wie hart Du es auch noch versuchst oder Dich damit quälst, dass Du es nur noch härter versuchen solltest. Denn es gilt zu erkennen und zu akzeptieren: Ein Kreis ist ein Kreis und kein Quadrat – und das auch dann nicht, wenn Du diesen Kreis in einen Quadrat-Job, ein Quadrat-Umfeld, eine Quadrat-Familie, einen Quadrat-Freundeskreis oder ein Quadrat-Leben wirfst. Maybe hard, but simple as that.
Sicherlich lachst Du jetzt, weil es grundlegend so simpel und logisch klingt. Mache aber bitte nicht den Fehler, simpel mit „Das ist ja eh klar“ oder einer „einfachen Umsetzung“ zu verwechseln. Alle Menschen wollen ein erfülltes, glückliches und freies Leben, sagen sie zumindest, aber ohne echte Authentizität wird ihnen das niemals wirklich gelingen. Die meisten Seelen der Menschen haben Hunger. Hunger darauf, sich endlich nicht mehr verstellen zu müssen, sie selbst sein zu können, das Leben zu lieben, ihre Ängste zu überwinden und endlich leicht und frei zu sein. Hunger darauf, sich selbst treu sowie authentisch zu sein und sich ohne Rechtfertigung und faule Kompromisse ausleben zu können – und das in allen wichtigen Lebensbereichen. Wobei, warte mal … Wollen die Menschen das wirklich? Sagen die meisten nicht: „Ich will einfach nur glücklich sein“ und meinen damit allerdings: „Alles, was ich will, ist kein Leid und keinen Schmerz spüren.“ Mit einem stabilen, freien und authentischen Leben hat das wenig zu tun.
„Freiheit bedeutet: Freiraum. Freizeit. Freileben. Freitod.
Oder wie wir bei AMOR FATI sagen: tanzend leben, lachend sterben.“
– Dr. Christian Zippel
Aus Sicht der existenziellen Therapie und AMOR FATI Philosophie steckt hier die echte Freiheit: Tanzend leben, lachend sterben! Und die darin enthaltene Leichtigkeit, Freiheit, Spaß, Glück, Authentizität, Erfüllung und das Spielen lediglich um des Spielens willen werden niemals erreichbar sein, wenn Du versuchst, jemand zu sein, der Du gar nicht bist, oder ein Leben zu führen, das nicht Deins ist. Mache Dir bewusst: Wenn Du Dich selbst belügst und Kompromisse eingehst, wo Du niemals welche machen solltest, wirst Du Dich niemals richtig frei und authentisch fühlen. Also: Bring den Müll raus und ent-sorge Dein Leben!
ANGST & STRESS REGIEREN DIE WELT…
Aber warum fällt es Menschen so schwer, authentisch, sie selbst zu sein? Warum sagen sie „Ja“, obwohl sie tief in sich „Nein“ meinen? Kurzantwort: Ängste. Diese können sehr unterschiedlich sein, verschiedene Ursachen haben, sich verstecken und unterschiedliche Regeln bzw. Ausprägungen aufweisen. Sie verursachen zudem häufig Leidensdruck bei den Betroffenen, von dem diese sich in ihrem alltäglichen Leben befreien möchten. Wir merken uns: Ängste werden Deine Freiheit immer rauben bzw. einschränken – insbesondere dann, wenn Du Angst hast, Du selbst zu sein.
Es gibt unzählige Ängste und damit Gründe, die eigene Natur und den Wesenskern zu verlassen sowie faule, nicht-authentische Kompromisse einzugehen – so viele, wie es Sterne in diesem niemals vollständig ergründbaren Universum gibt. Beispiele hierfür sind unter anderem: Die Angst, nicht gemocht zu werden, Angst ausgeschlossen zu werden, Angst vor dem Alleinsein, Angst vor Einsamkeit, Angst vor Sinnlosigkeit, Angst vor Freiheit, Angst vor Selbstverantwortung, Angst vor der eigenen Größe, Angst vor Schuld, Angst nicht gut genug zu sein, Angst Fehler zu machen, Angst nicht genug zu haben, finanzielle Angst, Angst nicht der schönste und erfolgreichste Hengst zu sein, und absolut genial: „The German Angst“ – eine sich schon im Vorhinein Sorgen machende Geisteshaltung, meist aufgrund völliger Belanglosigkeiten und fiktiver Zukunftsszenarien – oder wie meine Oma sagt: „wegen ungelegter Eier“. Liebe Leserin, lieber Leser: Es ist nicht Geld, das die Welt regiert – das hat es noch nie getan – sondern Angst und Stress!
Ängste werden in der Regel vermieden, kompensiert, transferiert, projiziert oder was uns Menschen noch so Tolles einfällt, um diese und die daran gebundenen Emotionen nicht noch mal fühlen zu müssen. Denn: Das eigene Selbst- und Weltbild muss immer stabil und intakt bleiben. Um dies sicherzustellen, sind aber weder Tatsachen, Logik, Realität noch Rationalität sonderlich hilfreich oder gar erforderlich. Daher sind viele Selbst- und Weltbilder durchzogen von Ängsten, Opferperspektiven, träumerisch aufgeblasenen Illusionen und Irrationalitäten, solange diese zur gefühlten Stabilität und Sicherheit beitragen.
Wenn solch eine Illusion dann zerplatzt und mit ihr die damit verbundene „gefühlte Sicherheit“, beispielsweise durch eine schwere Krankheit, den Tod eines geliebten Menschen, Streitigkeiten bzw. Trennungen innerhalb von Beziehungen und Familie oder den Verlust des Jobs, wird das Selbst- und Weltbild für viele Menschen zu einer tiefgreifenden Aktualisierung gezwungen. Unsere bisherige Karte von uns und der Welt wird durch diesen Impaktor unfreiwillig erschüttert. Daher führt solch ein Einschlag nicht selten zu Panikattacken, Burnout, Depressionen, Überforderung, Drogenkonsum, Angststörungen, PTBS und den ganzen anderen Dingen, die ein freies, authentisches Leben erfolgreich verhindern können – besonders wenn zudem Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit empfunden werden.
Immerhin steht mit dem Einschlag des Impaktors implizit die Frage im Raum: „Wie konnte das passieren? Warum habe ich das nicht kommen sehen und warum dachte ich, ich sei davor sicher?“ Noch deutlich tiefgehender und prägender ist allerdings oftmals die hierdurch gemachte Erfahrung, dass es keine absolute Sicherheit und keinen letzten Retter im Leben gibt, egal wie sehr Du es auch willst und welches illusionäre Selbst- und Weltbild Du Dir zurechtbastelst. Der oder die Betroffene fühlt dann am eigenen Leib: Solch ein „chaotischer Einschlag“ und die damit aufgekommenen Ängste und Unsicherheiten könnten jederzeit wieder passieren und ich habe keine absolute Möglichkeit, das zu verhindern – auch dann nicht, wenn ich es noch härter versuche.
Nicht rumheulen, nicht verzweifeln, tief in den Bauch atmen, nach Möglichkeit grinsen und den inneren Widerstand abbauen – was zugegeben in einer solch akuten Situation eine Herausforderung sein kann. Denk an Dr. Z’s „Es ist ein Test, oder ein Fest!“ Denn in diesen tiefgehenden Impaktoren und der Konfrontation, dass es keine ultimative Sicherheit und letzten Retter gibt, steckt die riesige Chance, sein Leben neu auszurichten und auf eine neue, reinere, Stufe zu erheben, welche Dich näher an Deine echte authentische Natur bringen kann. So wie der bereits erwähnte Phönix, der bereit ist, sich selbst zu entflammen, trotz seiner Angst zu handeln und durch das reinigende Feuer zu gehen, um zu werden, wer er wirklich ist. Ich soll Dich im Übrigen von Nietzsche grüßen und Dir ein Fachbuch über posttraumatisches Wachstum ans Herz legen.
FREIHEIT IST DAS, WAS DU MIT DEM MACHST, WAS DIR WIDERFAHREN IST …
Jeder Mensch auf diesem Planeten wird solche „Impaktor-Erfahrungen“ im Laufe seines Lebens machen, denn sie sind im Leben inhärent und gehen daher mit diesem automatisch einher – ob Du willst oder nicht. Sie prägen uns und können natürlich auch positiv und wundervoll sein, wie zum Beispiel das frisch Verliebtsein oder die Geburt eines Kindes.
Dennoch müssen wir alle in unserem Leben beispielsweise etwas oder jemanden loslassen, erfahren Erziehung, Prägungen, Schicksalsschläge, Traumata und müssen auf Veränderungen aller Art reagieren (irgendwas verändert sich ständig in unserem Leben). Wir sind außerdem mit Sinnfragen konfrontiert und stellen fest, dass neben den ganzen wunderschönen Momenten, die dieses Leben bereithält, es eben auch parallel mit vermeintlichen Schwierigkeiten und Leid auf uns wartet. Menschen gehen damit in der Lebenspraxis und in ihrem Alltag ganz unterschiedlich um und haben verschiedene Attitüden demgegenüber und genau darum muss es gehen: unsere innere Haltung.
Wir sind immer frei darin, unsere Haltung gegenüber unserer Existenz, dem Leben und dem, was uns widerfährt, zu wählen. Daher liebe ich pragmatische und potente Philosophie, denn sie stellt unter anderem die Frage: Wie wollen bzw. können wir mit solch einem gearteten Leben umgehen und schaffen es, unter unseren individuellen Lebensvoraussetzungen und Schicksalen trotzdem ein tanzendes und lachendes Leben zu führen? Wie heißt das Zauberwort? – Trotz!
Dank Viktor „The Godfather of Mindset“ Frankl hat es das kleine, unscheinbare Wörtchen durch seinen Weltbestseller mit dem deutschen Titel „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ zu Weltruhm gebracht. In diesem berichtet Frankl von seiner Zeit in verschiedenen Konzentrationslagern mit der finalen Destination Auschwitz. Er verlor durch die Nazis seine erste Frau, beide Eltern und seinen Bruder. Alles schien verloren, doch trotzdem schuf Frankl mit der Logotherapie nach dem Überleben in Auschwitz sein Lebenswerk. Das wirkliche Meisterwerk steckt meiner Meinung nach allerdings in seiner Prägung der inneren Haltung zur Freiheit, die er wie folgt ausdrückt:
„Wer von denen, die das Konzentrationslager erlebt haben, wüsste nicht von jenen Menschengestalten zu erzählen, die da über die Appellplätze oder durch die Baracken des Lagers gewandelt sind, hier ein gutes Wort, dort den letzten Bissen Brot spendend? Und mögen es auch nur wenige gewesen sein – sie haben Beweiskraft dafür, dass man dem Menschen im Konzentrationslager alles nehmen kann, nur nicht die letzte menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen. Und es gab ein so oder so.“ – Viktor Frankl
Welches Problem hast Du noch mal? Ach ja, Du hast vermutlich zwei funktionierende Arme, zwei Beine, einen Kopf und bist im Wesentlichen gesund; hast vermutlich einen deutschen Reisepass, und eine Kompetenz, mit der Du einen Lebensunterhalt verdienen kannst; vielleicht sogar einen Partner/eine Partnerin, Kinder, Freunde oder andere Menschen, die Dich lieben und gehörst damit vermutlich einfach so zu den oberen zehn Prozent der Menschen mit den besten Lebensvoraussetzungen auf diesem Planeten.
Ist Dein Leben wirklich so hart?
Ist Dein Problem wirklich so groß und unlösbar?
Gibt es wirklich kein „so oder so“?
Als ich das KZ Auschwitz-Birkenau im Rahmen eines Coachings mit einem Klienten besuchte, habe ich mich nicht nur an die „Wall of Death“ gestellt, tonnenweise Überreste von abrasierten menschlichen Haaren und entrissene Prothesen gesehen, sondern mich auch in die Nazi-Folterkammern gestellt und die Tür geschlossen. In einer davon war es verboten zu sitzen, da sie so klein und eng war, dass man darin nur stehen konnte. Entsprechend wenig Schlaf dürfte man darin finden. Eine andere war komplett dunkel, und es wurde nur so viel Frischluft hereingelassen, dass die Insassen konstant das Gefühl hatten zu ersticken. Aber das wohl „krasseste“ Gefühl hatte ich, als ich in Birkenau I einen original erhaltenen Krematoriumsofen schloss. In diesem Moment schoss mir durch den Kopf, wie viele Menschen nur in diesem einen „Test-Ofen“, welchen ich gerade geschlossen hatte, ihre Freiheit und Leben ließen. Wie oft wurde diese Tür bereits so geschlossen, wie ich es gerade getan hatte?
Ja, ich wollte es genau wissen, möglichst nah emotional ran und mich mit dem Leid und Tod eines der größten Verbrechen an der Menschheit konfrontieren. Ich wollte zumindest ansatzweise verstehen, welch ein Glück ich mit meinem Schicksal habe und was es heißt, „trotzdem Ja zum Leben zu sagen“ (Viktor Frankl) und was es braucht, um „in der Hölle zu tanzen“ (Dr. Edith Eger).
Du merkst schon, anstatt zu trotzen, wird sich alternativ viel zu oft mit Problemen und Leid identifiziert und die Frage gestellt: „Warum musste ausgerechnet mir das passieren und das Leben in meinen Vorgarten kacken?“ Opferperspektive lässt grüßen und damit wird nichts zum Besseren vorangehen – niemals. Ich wiederhole abermals laut und deutlich zur finalen Mitschrift: niemals Opferperspektive! Daher solltest Du immer und unter allen Umständen alles daran setzen, diese schnellstmöglich zu verlassen. Viele Menschen verharren in dieser leider ihr gesamtes Leben. Sie leiden darunter, verbittern und erstarren innerlich vor Angst. Zudem verlieren sie die Hoffnung auf Besserung und sehen sich oft in einer schwachen, missgünstigen Position dem Leben gegenüber, welches aus ihrer Sicht gegen sie ist. Ein Leben, in dem man stets in Unsicherheit und Mangel lebt, eine Habacht-Stellung einnimmt, um das nächste Unheil möglichst früh zu erkennen. Jetzt frage ich Dich, wie soll so ein freies, leichtes und authentisches Leben jemals gelingen?
Also raus, da! Fahre zum nächsten Blumengeschäft und kaufe die schönste Blume, die Du finden kannst, um diese direkt in den Scheißhaufen zu pflanzen, den Dir das Leben in Deinen Vorgarten geschleudert hat. Klar ist das harte Arbeit, ohne jede Frage, aber es ist die einzige Option, die Du hast, eine wirklich wunderschöne, stabile, gesunde und farbenfrohe Blume großzuziehen – und dafür braucht man Dünger! Die Alternative ist im Problem, Leid und Opferperspektive hocken zu bleiben, rumzuheulen und Dir das echte freie, spielerische und authentische Leben ein für alle Mal abzuschminken. Du entscheidest – ich bin mal Blumen holen, bei Veilchen Viktor!
Apropos … Der französische Existenzialist und Philosoph, Jean-Paul Sartre, muss wohl auch regelmäßig bei Veilchen Viktor seine Blumen gekauft haben, denn er hat es wunderschön auf den Punkt gebracht:
„Freedom is what we do with what is done to us.” – Jean-Paul Sartre
Wir merken uns: Du selbst hast immer die Möglichkeit und Verantwortung dafür, Bedeutung, Richtung, Sinn und Authentizität in Dein Leben durch Selbsterkenntnis, Reflexion, Willen, Entscheidungen und Handlungen zu bringen, unabhängig von den Umständen oder Widrigkeiten, in denen Du Dich befindest.
AMOR FATI & DIE MUTTER ALLER ÄNGSTE …
Neben der Tatsache, dass das Leben für jeden von uns „Gutes“ und „Schlechtes“ bereithält, gibt es einige weitere Widersprüche, die mit dem Leben einhergehen und Menschen regelrecht in die Verzweiflung treiben können. Beispielsweise, dass wir alle in einer Welt leben, in der es keinen von außen aufgedrückten und objektiven Sinn gibt, unabhängig davon, wie intensiv wir danach suchen. Allerdings kann kein Mensch wirklich erfüllt und glücklich ohne jeglichen Sinn leben. Deshalb ist auch jeder Sinn in Deinem Leben subjektiv und durch Dich selbst erschaffen worden, denn so ist es leichter, mit der Absurdität Deines Daseins umzugehen. Außerdem sehen wir bei Depressiven, wie es uns ergehen kann, wenn alles sinnlos und schwergängig erscheint. Die Hoffnung und die Lebenslust verpuffen, stattdessen: Lethargie, Antriebslosigkeit und in Extremfällen sogar maximale Lebensablehnung bzw. Suizid.
Ein anderes sehr schönes Beispiel dafür, dass das Leben uns zwangsläufig mit Widersprüchlichkeiten konfrontiert, ist, dass wir versuchen, in unserem Leben etwas aufzubauen: Kompetenzen, Karriere, Familie, Wohlstand, Status, usw. – nur um am Ende durch den Tod doch wieder alles zu verlieren. Da musst selbst Du lachen, oder?
Für viele Menschen ist es sehr schwierig, tief in sich mit den impliziten Widersprüchlichkeiten des Lebens, der Vergänglichkeit und den daraus folgenden alltäglichen Unsicherheiten, Herausforderungen und Ängsten umzugehen, da sich diese nicht rational erfassen und lösen lassen. Hierdurch können tief sitzende Sorgen und existenzielle Ängste entstehen oder befeuert werden, die dann häufig aus Selbstschutz in der alltäglichen Lebenspraxis kompensiert oder vermieden werden.
„Die Welt in ihrer Tiefe verstehen heißt, den Widerspruch verstehen.“ – Friedrich Nietzsche
Die Mutter aller Ängste ist im Übrigen der Tod – oder noch präziser gesagt: die Nicht-Existenz und das Nichts-Sein. Alle Ängste eines jeden Menschen lassen sich aus philosophischer und existenziell therapeutischer Sicht schlussendlich hierauf zurückführen. Die gesamte Menschheit unternimmt daher auch allerhand dafür, der Nicht-Existenz und dem Nichts-Sein zu entgehen und somit der eigenen Vergänglichkeit irgendwie doch noch zu entkommen.
Einige versuchen, wie in dem Laborratten-Cartoon „Pinky & Brain“, die Weltherrschaft an sich zu reißen (obwohl sie nichtmal ein Volleyball-Netz haben), andere wollen sich mit einem erfolgreichen Projekt oder Business „unsterblich“ machen. Wieder andere versuchen in ihrer Partnerschaft endlich Mama bzw. Papa wiederzufinden und damit jemanden, der ihnen einen Wert attestiert und sie vor der Übernahme von Selbstverantwortung und dem Erwachsenwerden beschützt. Andere sind der Meinung, dass möglichst viel Geld ihnen Freiheit und absolute Sicherheit schenkt und arbeiten sich daher zu Tode. Die menschliche Spezies forscht außerdem mit Hochdruck daran, sich selbst einzufrieren und damit für die Nachwelt zu konservieren oder endlich einen anderen Planeten zu besiedeln, auf dem sie dann weiterleben kann, wenn sie die Erde ausgeraubt und zugemüllt hat. Wiederum andere versuchen verzweifelt, mit teuren Cremes und Schönheitsoperationen ihre Jugend zu konservieren oder gar so viele Versicherungen abzuschließen, dass sie und ihre Lieben vollkommen geschützt sind (Versicherungsweltmeister).
Good luck with that! Dabei hat Rammstein es doch bereits in ihrem philosophischsten aller Lieder, „Adieu“, bereits verkündet: „Sogar die Sonne wird verglühn.“ Trotzdem ist das Thema Sicherheit so quälend omnipräsent und die Vielzahl der Menschen benimmt sich so, als würden sie ewig leben bzw. ewig leben wollen – wie albern. Alles mit dem Ziel, endlich die absolute, gefühlte Sicherheitsgarantie zu erlangen. Tja, und weil das der Natur sei Dank nicht geht und aufgrund des daraus entstehenden „Zeitdrucks der Endlichkeit“ hat Gevatter-Tod (zu Unrecht) auch so einen schlechten und stressigen Ruf, denn: Unser aller Zeit läuft. Wie fühlt es sich an, dass Du heute bereits einen Tag mehr gestorben bist als gestern? Ist das nicht wundervoll?
„Wer die Menschen lehren würde zu sterben, der würde sie lehren zu leben.“ – Michel de Montaigne
Diese tiefe Konfrontation mit den Rahmenbedingungen unseres Lebens und unserer unsagbar absurden Existenz erfolgt meiner Praxiserfahrung nach oftmals unbewusst und/oder durch einen oder mehrere „Lebens-Impaktoren/Schicksalsschläge“. Hierdurch reifen dann häufig die beschriebenen Ängste in den Menschen heran/weiter heran. Selbstredend können solche Impaktoren auch die elterliche Prägung oder (frühkindliche) Erfahrungen sein. Die Menschen denken, dass sie Erfahrungen machen – dabei machen die Erfahrungen den Menschen.
Echte Freiheit und Leichtigkeit lassen sich allerdings nur dann erreichen, indem wir unsere Ängste überwinden. Indem wir Selbstverantwortung übernehmen, uns und dem Leben vertrauen, es bejahen und lieben – trotz aller Widersprüchlichkeiten und Leiden sowie der Tatsache, dass wir es niemals vollständig verstehen oder kontrollieren können. Zugegeben, ein hohes Ideal, denn wir alle müssen lernen, das Unkontrollierbare und damit das vermeintlich „Unakzeptierbare“ zu akzeptieren. Und dies ist eben nur möglich durch Vulnerabilität, die Kunst des Loslassens, tiefes Vertrauen und die Liebe – konkreter: die Liebe zum Schicksal. AMOR FATI
„The fear of death follows from the fear of life. A man who lives fully is prepared to die at any time.“ – Mark Twain
„Echte Freiheit und Leichtigkeit lassen sich allerdings nur dann erreichen, indem wir unsere Ängste überwinden. Indem wir Selbstverantwortung übernehmen, uns und dem Leben vertrauen, es bejahen und lieben – trotz aller Widersprüchlichkeiten und Leiden sowie der Tatsache, dass wir es niemals vollständig verstehen oder kontrollieren können“
Sascha Heupel
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AUTOR: Sascha
Seit vielen Jahren reise Ich dauerhaft, minimalistisch, frei und ohne festen Wohnsitz durch die Welt. Diesen Lifestyle kombiniere Ich mit Meiner Arbeit als existenzieller Therapeut, holistischer Coach und Philosoph. In Mir brennt ein Feuer für die Frage, wie man ein Leben voller Freiheit, Authentizität und Erfüllung mit Flow und Leichtigkeit in allen Lebensbereichen führen kann. Mit Meiner Arbeit möchte Ich die AMOR FATI Philosophie weiter verbreiten und etwas von dieser Leidenschaft weitergeben.
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