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Existiert der Mond wenn keiner hinschaut? von Dr. Christian Zippel | AMOR FATI

Über die Illusion der Objektivität und warum die Welt untrennbar mit uns verbunden ist

99,9% der Materie des Monds besteht aus leerem Raum. Auf die restlichen 0,01% kommt es an – und das sind keine stumpfen „Teilchen“. Die Quantenphysik zeigt, dass es sich um geisterhafte, energetische Prozesse handelt, die mit uns wechselwirken und unser Weltbild auf den Kopf stellen. Und was sehen wir nachts am Himmel? Vor allem einen von uns unbewusst konstruierten Mond. Wie er dorthin kommt, was die Physik dazu sagt, warum wir untrennbar mit unserer Wirklichkeit verbunden sind und es keine Welt an sich gibt, ergründet Dr. Christian Zippel mit dieser wissenschaftsphilosophischen Arbeit. Dabei geht er so tief in die Materie, dass nicht viel davon übrig bleibt. Heraus kommt der Entwurf einer kreativen, lebendigen Welt, in der Vieles mit Vielem verbunden und alles im Fluss ist – selbst wenn es ruht.

KOMPLEXES BUCH, WAS SICH LOHNT DURCHZUARBEITEN
Christian Zippel hinterfragt in seinem Buch die ontologische Weltsicht als Erklärung der Dinge und schlägt ein Weltbild vor, das die Welt als Prozess sieht.
Das Buch ist ein Lehrbuch, das nicht einfach zu verstehen ist und wofür man eine gewisse Vorbildung benötigt. Wer noch nie etwas von den Relativitätstheorien gehört hat oder nur weiß, dass die Quantenmechanik sich mit kleinen Dingen beschäftigt, der sollte sich nicht an dieses Buch wagen. Eine gewisse wissenschaftliche, aber auch eine philosophische Vorbildung ist nötig. Begriffe, wie zum Beispiel Dispersion oder baryonisch werden als bekannt vorausgesetzt.

Wer sich davon nicht abhalten lässt, liest ein Buch, das nur so strotzt von Ideen, ein Buch, das viele Fragen aufwirft, wie zum Beispiel: Was ist eigentlich der Raum, was ist die Zeit? Ist der Mensch in der Lage, sein Weltbild (was ist das eigentlich genau?) zu verändern oder auch nur zu erkennen? Kann man der Welt überhaupt Realität zusprechen? Müssten Begriffe wie absolut und total nicht schon lange überwunden sein? Aber auch detailliertere Fragen werden aufgeworfen: Wie lässt sich der Übergang von der Ebene der Quantenphänomene zur klassischen Welt erklären? Sind alle Wellen an ein Medium gebunden? Etc.

Viele Ideen in dem Buch haben mich sehr fasziniert, wie zum Beispiel die Aussage, dass Formulierungen ontologischen Charakters wie Teilchen, Welle, Bahn, etc. Verlegenheitsvokabeln sind. Oder dass das Nichts der Physik ein Meer von Möglichkeiten ist und dass der Platzwechsel, wenn ein Prozess vergeht und eine der Möglichkeiten jenen Platz einnimmt, instantan und akausal vergeht. Oder dass die Erklärung von Raum und Zeit etwas sein muss, was selbst keine Lokalisierbarkeit in Raum und Zeit hat. Oder die einfache Erkenntnis, dass kein Körper exakt mathematisch im Raum lokalisiert sein kann, da jeder Körper räumlich ausgedehnt ist und man im Koordinatensystem drei Werte benötigt. Oder die logische Erklärung, warum 2+2=4 keine objektive Wahrheit ist. Usw.

Das Buch ist schwere Kost, aber das weiß man, wenn man es kauft. Es ist ein Lehrbuch. Der Autor schreibt schon in der Einleitung, dass die Beschäftigung mit solchen Themen kein nebensächlicher Zeitvertreib sein kann. Unterstützt wird die Lesbarkeit des Werkes durch regelmäßige kurze Zusammenfassungen und auch durch die häufige Bezugnahme auf des Lesers eigenes Zimmer, was dazu dient, die zum Teil doch recht abstrakten Gedanken auf unser eigentliches Leben zu übertragen.

Wer sich näher mit den Gedanken von Christian Zippel zu diesen Themen beschäftigen will (und wo es etwas weniger physikalisch zugeht), dem seien seine Bücher ‚Rosenrot oder die Illusion der Wirklichkeit‘, aber auch seine kleinere Schrift ‚Wissen kann man nicht wissen, man kann nur daran glauben!‘ empfohlen.

Benjamin